Clara erscheint zum dritten Mal an diesem Abend bei ihren Eltern im Wohnzimmer: „Ich kann noch immer nicht schlafen, ich hab‘ so Durst!“. Leicht verärgert bringt ihr Martina, die Mutter, ein Glas Wasser und hofft, dass jetzt endlich Ruhe ist. „Ich versteh‘ das nicht! Bis vor zwei Wochen war das überhaupt kein Problem,und jetzt haben wir jeden Abend dieses Spiel!“, klagt Martina ihrem Mann.
Bei Kindern im Alter von ca. drei Jahren kommt es manchmal plötzlich erneut zu Schwierigkeiten beim Zubettgehen, auch wenn das bis zu diesem Zeitpunkt schon reibungslos geklappt hat. Was kann dahinter stecken? Wie können Eltern dem Grund für diese Schlaflosigkeit auf die Schliche kommen? Einerseits haben Kinder immer wieder einmal eine Phase, in der sie testen, ob die aufgestellten Regelnimmer noch gültig sind. Oft machen sie das nicht direkt, sondern über Umwege: Clara muss zuerst noch einmal auf die Toilette, dann hat sie eine Frage und schließlich Durst. Je weniger die Eltern darauf einsteigen und je klarer die bereits bekannte Regel bleibt, desto schneller geht diese Testphase vorüber. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass es solche klaren Regeln gibt! Vorbeugend könnte Martina am nächsten Abend rechtzeitig klarstellen: „Clara, warst du schon auf der Toilette und hast du genug getrunken? Du weißt, dass wir nicht möchten, dass du noch einmal rauskommst, wenn wir dir das Gute-Nacht-Bussi gegeben haben!“, und damit die Regeln in Erinnerung rufen und Clara gleichzeitig zu signalisieren: „Wir denken an dich“.
Andererseits kann es sein, dass sich ein Kind durchverschiedene Umstände während des Tages zu wenig beachtet fühlt – z.B. durch die Geburt eines Geschwisterchens, den Berufseintritt der Mutter oder weil ein älteres Geschwister-Kind durch die Schule mehr Aufmerksamkeit der Eltern braucht. In diesem Fall bedeutet das Verhalten des Kindes übersetzt: „Ich bin auch noch da und möchte mehr Aufmerksamkeit!“ Hier ist es wichtig, dass die Eltern sich auch für dieses Kind speziell Zeit nehmen und z.B. am Nachmittag sein Lieblings-Puzzle gemeinsam mit ihm machen. Gleichzeitig sollten sie aber die Bett-Geh-Regeln einfordern.
Bei etwas älteren Kindern kann es auch sein, dass sie tagsüber ein sie beschäftigendes Problem nicht aussprechen konnten und über den Umweg des Nicht-Schlafen-Könnens eigentlich ausdrücken wollen: „Ich brauche Hilfe“. Hier kann es hilfreich sein, sich z.B. vor dem Zubettgehen ans Bett zu setzen und dem Kind Zeit zu schenken und eventuell auch direktnachzufragen, was das Kind beschäftigt. Wichtig ist, dass Eltern sich gemeinsam Gedanken machen, was hinter dem veränderten Verhalten stecken könnte. Im gemeinsamen Gespräch kann man unterschiedliche Aspekte des Verhaltens des Kindes abwägen und auch neue Facetten herausarbeiten, die der Schlüssel zur Lösung sein können. Dabei kommt man meist auch auf die besten Ideen, wie man den eigenen Kindern wieder einmal eine besondere Freude machen kann. Auf alle Fälle sollteman aber nicht zulassen, dass sich die „Mätzchen“ täglich wiederholen und so zum einem Spiel werden, welches das dahinterliegende Problem nicht löst.
Dr. Alexandra Schwarz ist Eltern- und Erziehungsberaterin,
Moderatorin der GFO und Mutter von sieben Kindern.